Für die Wirtschaft sind kompetitive Energiepreise zentral   5. Juli 2012, energiedialog.ch  Peter Spuhler ist Unternehmer, Geschäftsführer der Thurgauer Stadler Rail Group und SVP-Nationalrat. Für ihn ist die neue Energiestrategie des Bundesrats nicht zu Ende gedacht. Und vor allem: Ein überhasteter Ausstieg aus der Kernenergie gefährde den Werkplatz Schweiz, sagt er.  Herr Spuhler, der Grundsatz von Stadler Rail heisst: „Geht nicht – gibt es nicht…“. Sollte das nicht auch für die Energiewende gelten?  Im Grundsatz geht alles – was realistisch ist. Der Ersatz der Kernenergie ist im geplanten Zeitraum aber aus meiner Sicht nicht machbar und sicher nicht zu wettbewerbsfähigen Kosten für die Industrie. Für die produzierende Wirtschaft sind Versorgungs-sicherheit und kompetitive Energiepreise zentral. Der Entscheid von Bundesrat und Parlament, nach Fukushima aus der Kernenergie auszusteigen, war rein populistisch. Kurz vor den Wahlen wollten alle auf den „grünen“ Zug aufspringen. Resultat: Eine Strategie, die auf unplausiblen Annahmen fusst.   Aber die Option Gas-Kombikraft ist plausibel?   Ich staune über die Zufälligkeit unserer Politik. Jahrelang wurde wegen der CO2-Problematik gestritten, wurden neue Gesetze eingeführt und nun wird alles über den Haufen geworfen, obschon wir wissen, dass das unglaubliche Dreckschleudern sind.   Eine andere Möglichkeit sind Stromimporte…   Im Ausland wird der Strom ebenfalls knapp. Abhängigkeiten können in Krisen gefährlich werden. Wir müssten nur einmal Zürich, wie vor einigen Jahren New York, für zwei Tage ohne Strom erleben. Das würde die Diskussion versachlichen. Zudem sind wir bereits beim Erdöl und Erdgas stark vom Ausland abhängig. Nun sollen wir diesen Weg auch noch in der Stromversorgung gehen? Und welchen Strom würden wir zu welchem Preis importieren? Von Kohlekraftwerken und doch wieder von AKWs? Das ist den Bürgern Sand in die Augen gestreut.   Gut, nur welchen Weg würden Sie vorschlagen?   Die Energiewende muss moderat umgesetzt werden. Das heisst: die heutigen AKWs schrittweise runterfahren und parallel auf Technologien setzen, die am Markt bestehen und nicht dank Milliardensubventionen künstlich überleben. Geothermie ist beispielsweise eine interessante Technologie. Überdies gilt es, die Nukleartechnologie auf eine neue Stufe weiterzuentwickeln, was aber mit dem geplanten Nein zur Kernkraft nicht möglich ist, denn explizit besteht zwar kein Technologieverbot, faktisch ist es aber gesprochen. Wer investiert schon in Forschung, wenn kein neues AKW, auch nicht der nächsten Generation, gebaut werden darf?   Was muss weiter getan werden?   Bewilligungsverfahren abkürzen und das Verbandsbeschwerderecht einschränken. Es kann nicht sein, dass jene, die sich den Ausstieg auf die Fahne schreiben, sämtliche Wasser- und Windkraftprojekte torpedieren. Man muss bereit sein, Abstriche zu machen. Das hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun.   Die SVP ist gegen eine ökologische Steuerreform. Teilen Sie die Meinung Ihrer Partei?   Ja, und ich bin gespannt, was uns unter dem Titel ökologische Steuerreform präsentiert werden wird. Werden Arbeit und Investitionen steuerlich entlastet – gut. Wird dafür gleichzeitig der Energieverbrauch belastet, zahlt die Industrie die Zeche. Wird dagegen die Industrie entlastet, dann zahlt der Private. Einer hat am Ende den schwarzen Peter in der Hand. Wir brauchen Transparenz nicht Umverteilung.   Für die Energiezukunft scheint derzeit nur ein Punkt sicher zu sein: Die Strompreise werden steigen. Kann die Industrie das verkraften?   Wir haben in der Schweiz sehr hohe Lohnkosten. Hinzu kommt der starke Franken. Und jetzt werden die ohnehin gewaltigen Ausstiegskosten unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter schmälern. Die negativen Auswirkungen auf den Werkplatz Schweiz sind programmiert. Wir werden energieintensive Arbeitsplätze verlagern müssen. Aber so wie ich unser Land kenne, werden – wenn die Konzepte stehen und wir sehen, was das kostet und was bis wann machbar ist – Vernunft und Realitätsbezogenheit wieder einkehren.   Bundesrätin Leuthard kann aber kaum mehr umschwenken, ohne unglaubwürdig zu wirken.   Sie ist Teil des Ganzen und hat als Vorsteherin des Energiedepartements den Entscheid des Bundesrats zu vertreten. Es liegt jetzt an ihr, realisierbare Konzepte auszuarbeiten, entsprechende Lehren zu ziehen und eine realitätsbezogene Energiepolitik für die nächsten Jahrzehnte zu definieren. Das traue ich ihr absolut zu.   Und was tut Stadler Rail, um Energie zu sparen?   Wir produzieren möglichst energiesparend, allein wegen der Kosten, und wir entwickeln Fahrzeuge, die beispielsweise die Bremsenergie ins Netz zurückführen. Eine andere Technologie unterstützt den Lokführer stromsparend zu fahren. Ferner sind wir führend in der Aluminiumleichtbautechnik und leichtere Züge brauchen weniger Energie. Es gibt es viele Möglichkeiten und wir sind gefordert, unseren Beitrag zu leisten.   Das Unternehmen ist in der Vergangenheit deutlich gewachsen. Was sind die nächsten grossen Schritte?   Es gilt vielmehr Herausforderungen zu meistern: die Arbeitsplätze im Hochlohnland Schweiz zu halten und das dazu angesichts der starken Währung. Wir haben deshalb verstärkt in Technologien investiert und neue Fahrzeugkonzepte entwickelt, damit wir einen Innovationsvorsprung erzielen.   Stadler Rail baut vor allem Fahrzeuge für den Regionalverkehr, will aber in das Hochgeschwindigkeits-Segment vordringen. Wie läuft‘s?   Es läuft die Ausschreibung der SBB für Triebzüge für die Nord-Süd-Achse. Unser Konzept steht. Mal sehen, ob das passt, und ob wir das anbieten werden. Herbst ist Angebotsabgabe.   Zur Person   Peter Spuhler, Inhaber und CEO Stadler Rail Group, wurde 1959 in Sevilla geboren. Er schloss an der HSG in BWL ab und spielte 20 Jahre Eishockey für GC Zürich. 1987 zu Stadler Fahrzeuge AG gestossen übernahm er zwei Jahre später die Führung. Diese setzte damals gerademal 4,5 Mio. Franken um. Spuhler ist Mehrheitsaktionär der Aebi-Schmidt-Gruppe und hält rund 20% an Rieter, wo er auch als VR amtet. Seit 1999 sitzt er für die SVP im NR. Spuhler ist verheiratet und Vater dreier Kinder.   Zum Unternehmen   Stadler Rail stellt Schienenfahrzeuge her und konzentriert sich dabei auf Regionalbahntriebzüge, Strassenbahnen und Einzelanfertigungen sowie neu auf Interregio- und Intercityzüge. Der in Bussnang, TG, domizilierte Konzern ist in den vergangen Jahre deutlich gewachsen. 2010 erzielte er 1,1 Mia. Franken Umsatz. Für 2011 geht das Management von 1,3 Mia. und für 2012 von 2,4 Mia. aus. Weltweit beschäftigt Stadler Rail 4500 Mitarbeiter, davon 2800 in der Schweiz und 900 in Deutschland. ch-strategie Wirtschaft Wirtschaftspolitik wohin?